Das ist unfassbar und erschreckend … meinem Mann ging es am späten Montag Abend nicht gut. Ich dachte tatsächlich einen Moment er könnte einen Herzinfarkt erlitten haben. Aber ich dachte mir dann: „Er ist 39 geworden! Viel zu jung!“ Nur um mich selber zu schimpfen und mir klar zu machen, dass selbst Babys im Mutterleib einen solchen sowie einen Schlaganfall erleiden können. Also nichts da mit „zu jung“.
Nachdem seine Eltern durch mich alarmiert worden waren und hier her kamen, rief ich den RTW.
Am Ende verblieb er hier weil er nicht in die Klinik wollte und es stellte sich heraus, dass das Problem eher psychischer Natur war.
Zum Ende der Woche hin wurde es wieder besser für ihn, da er ein Rundum – Paket 1A – ärztlicher Betreuung ambulant genießen konnte und sich endlich erholen konnte vom Stress beruflicher und privater Natur.
Leider habe ich am Ende der Woche erleben müssen, dass meine innere Stabilität komplett weggebrochen war und auch noch ist.
Mein Halt, meine Kraft war Montag Abend zusammen geklappt und nun stand ich da voller Verlustängste, Fehlinterpretationen meinerseits, und Haltlosigkeit.
Am Samstag nahm ich – eigentlich endlich – am ersten Seminartag meiner gedachten Ausbildung zur Autismustherapeutin teil.
Doch leider musste ich feststellen, dass ich die dezenten Warnsignale meines Körpers NULL erkenne. Immer noch nicht. Auch nicht nach 46 Jahren Aufenthalt auf diesem Planeten.
Erschreckend!
Und leider tat der – eigentlich freudige Tag – noch sein Übriges dazu.
Die Planung und Verbereitung durch die Therapeutinnen und deren Dozenten war perfekt! Alles sehr liebevoll durchdacht und hergerichtet – wirklich schön!
Und dann komme … ICH!
Logisch, dass ich keinen Anschluß fand an die anderen Teilnehmer, die aber meiner Beobachtung nach sehr nett erschienen. Dass ich keine Kontakte von mir aus aufnehmen kann, da können sie ja nichts für. Erst ziemlich spät zum Abend hin näherte sich eine junge Frau meiner Person, wir sind nämlich beides Raucherinnen. Es kam auch zu kurzen Gesprächen.
Nun, der Tag war sehr lang – eigentlich für mich viiieeell zu lang. Er hatte nämlich 10 Std. alleine für das Seminar an diesem Tag parat.
Obwohl ich mehrfach gefragt wurde ob alles okay sei und ich auch noch bejahte, weiß ich nun im Nachhinein, dass ich nur bis max. 14h durchgehalten habe, danach war es bis 19h30 ein Kampf für mich. Aber „man“ denkt sich halt auch: „Unsinn, jetzt hör hin und das geht schon!“ Leider ist das immer noch in mir verankert und bietet mir mitnichten die Chance, meine deutlichen Signale zu sehen. Sie werden latent wahrgenommen und sofort verdrängt. Man hat ja zu funktionieren …
Und leider gab es zum Abschluß einen kurzen Filmbericht, der mich massivst triggerte und schlimme Erinnerungen wach rief.
Der arme Dozent ahnte ja nicht, dass mich genau das nun so dermaßen aus der Bahn werfen würde und war sehr bekümmert darum, als er auf sein Nachfragen nach meinem Empfinden zu hören bekam: nicht gut!
Er hatte vorher schon gemerkt, dass ich am Limit war – aber irgendwie habe ich sein Angebot gar nicht annehmen können, bzw. erst viel zu spät realisieren können, dass ich gerne heim fahren könnte. Ich blieb also bis zum Ende sitzen und schaute zum Film nicht mehr hin. Auerdem hätte ich überhaupt nicht eher weggekonnt da ich mein Handy vergessen hatte und meinen Mann somit nicht erriechen konnte.
DASS aber die Therapeutinnen sehr wohl die Nummer von seinem Handy haben und sie locker anrufen hätten können – das fiel mir überhaupt nicht ein!!!
Körperliches Empfinden waren zu dem Moment schon:
Angst, Schweissausbrüche am ganzen Körper, Übelkeit, flimmerndes Sehen, Kopfschmerzen, wattiertes Hören, das Gefühl einer nahenden Ohnmacht, zittrige und kaltschweissige Hände …
Um halb acht am Abend war das Seminar zu Ende und ich fiel ins Auto meines Mannes. Paralysiert, stumm, voller innerer Pein.
Bis daheim ohne ein Wort zu reden, aber mit nicht wissendem Weinen.
Erst zu Hause war ich in der Lage, kurz zu sagen was los ist mit mir.
Dass das Thema Autismus durch meinen Autismus und nicht aufgearbeitete Geschehnisse zu nah an mir sind und ich niemals objektiv als Therapeutin arbeiten könnte. Es wäre mmer viel zu subjektiv und somit nicht professionell und im Sinne eines Kindes oder Jugendlichen, um ihm zu helfen … Viele zukünftigen Ereignisse oder Problematiken würden mich wieder runter reißen und ich müsste an mir statt mit den Klienten arbeiten.
Diese Erkenntnis schlug mich am spätesten Abend erst so richtig nieder und ich habe 4 Schnäpse trinken müssen. Ja, ich weiß – keine gute Lösung. Aber ich war nicht mehr in der Lage, herunter zu fahren …
Mein Mann übernahm die erste Kommunikation mit den Therapeutinnen und dem Dozenten per Telefonat.
Mir fehlten die Worte, die Sprache … die Möglichkeiten, mich zu erklären.
Es macht mich traurig, dass ich wieder einmal mehr an meine Grenzen gestoßen bin und feststellen muss: Ich bin so dermaßen „behindert“, es ist ja doch viel mehr als ich immer dachte.
Nun – ich werde die Ausbildung nicht machen können und habe dies auch schon formuliert.
Ich muss erst an mir arbeiten, um eine andere Möglichkeit für mich zu finden, beruflich etwas anderes als den Pflegeberuf weiter zu machen.
So hoffe ich, dass ich eines Tages etwas gefunden habe, wo ich wirken kann und wobei mir eine reine Objektivität gegeben sein mag …
Heute bin ich noch etwas durcheinander von dem Wochenenden aber morgen wird es mir besser gehen.
Ich muss schauen, wie ich meine Körpersignale schneller erfassen und deuten kann. Das ist das, was als erstes ansteht als „Arbeit an mir“ …